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Starlog-Interview mit Gary Scott Thompson
In der
November-Ausgabe 2008 des renommierten amerikanischen
Science-Fiction-Magazins STARLOG erschien das folgende Interview. Zu
beachten ist, daß das
Gespräch noch vor der Premiere der ersten Folge im September geführt
wurde.
Ausführender
Produzent und Showrunner von Knight Rider Gary Scott Thompson
hatte mit STARLOG einen Interviewtermin für 14 Uhr. Doch am Ende
beginnt das Gespräch erst um 15.45 Uhr. Aber man kann Thompson fast
verzeihen, denn seine Entschuldigung ist tausendmal besser als "der
Hund hat meine Hausaufgaben gefressen".
"Mann,
das war verrückt!" begeistert sich Thompson. "Wir sind drüben in den
Studios und drehen Teile der ersten drei Episoden gleichzeitig. Zur
Zeit arbeiten wir 24 Stunden am Tag und werden das wahrscheinlich noch
bis nächste Woche tun. Wir haben drei Roboterarme, die wir so
programmieren, daß sie mit den menschlichen Charakteren interagieren
können. Und, Mann, sie sollten das Zeug sehen, das wir mit dem
Attack-K.I.T.T. gedreht haben! Dieses Ding leuchtete im Dunkeln, und
Crewmitglieder sagten, das sei das furchterregendste was sie je
gesehen hätten. Es ist einfach eine Menge Spaß. Plötzlich ist jeder
wieder 12 Jahre alt."
Thompson fungierte als ausführender Produzent der kürzlich
eingestellten Serie Las Vegas, startete den Fast and the
Furious-Franchise und schrieb 1992 den Monsterstreifen Split
Second mit Rutger Hauer in der Hauptrolle sowie die Story zu
Hollow Man. Momentan ist er aufs Höchste angetan von der neuen
Knight-Rider-TV-Serie (die ab 24. September mittwochs um 20 Uhr
ausgestrahlt wird). Aber Thompsons Enthusiasmus wird durch die
Tatsache gebremst, daß er erst nach der Ankündigung, daß der
diesjährige eineinhalbstündige Knight-Rider-Fernsehfilm - der
zwar gute Einschaltquoten aber nur mittelmäßige Kritiken erhielt -
eventuell als Pilotfilm für eine wöchentliche Serie geplant sei, ins
Spiel gebracht wurde.
"Sicherlich wäre es nett gewesen, schon beim Film dabeigewesen zu
sein," lamentiert Thompson, "aber für mich ist es okay, später
dazugekommen zu sein und von Grund auf neu zu beginnen. Wenn also
Leute zu mir kommen und Beschwerden über den Fernsehfilm haben, ist
alles, was ich sagen kann, daß ich nichts damit zu tun hatte. Ich
war nicht dabei.
"Ich
war der Erste, der den Produzenten sagte, in dem Film sei zuviel
Ford-Werbung," lacht er. "Und ich bin nicht anderer Meinung wie das,
was die meisten Kritiker und Leute im Internet-Chat gesagt haben.
Viele von ihnen monierten, daß der Film an vielen Stellen sozusagen
daneben war, und bis zu einem gewissen Grad stimme ich ihnen zu. Aber
der Autorenstreik fand gerade statt, und eine Million anderer Dinge
spielten sich zu der Zeit ab. Obwohl also der Film nicht perfekt war,
muß man es den Leuten doch zugute halten, daß sie wenigstens versucht
haben, etwas daraus zu machen."
Der
Knight-Rider-Film beginnt mit einem Einbruch ins Haus des
Wissenschaftlers Charles Graiman (Bruce Davison aus X-Men)
durch eine Gruppe Söldner, die Informationen über einen
Verteidigungsmechanismus namens Prometheus stehlen wollen. Während
eines Handgemenges bekommt Graiman eine Herzattacke und stirbt. In
diesem Moment rast Graimans anderes streng geheimes Projekt, ein
experimentelles Auto namens K.I.T.T. (gesprochen von Val Kilmer), in
die Nacht hinaus. Innerhalb kürzester Zeit bekommen wir Mike Traceur
(Justin Bruening), einen problembehafteten Ex-Army-Ranger, Sarah
Graiman (Deanna Russo), die Tochter des Wissenschaftlers und Expertin
in Nanotechnologie, und FBI-Agentin Carrie Rivai (Sydney Tamiia
Poitier) vorgestellt.
Nach einer gehörigen
Portion Action und Entkommen in letzter Sekunde - und der Eröffnung,
daß Graiman noch am Leben ist - schließt sich das Trio K.I.T.T. an, um
die Söldner endgültig zu besiegen. Unterwegs entdecken wir Stückchen
um Stückchen einer Hintergrundstory, K.I.T.T.s Stärken und Schwächen
(einschließlich der Fähigkeit, seine Gestalt zu verändern) und daß
Mike in Wirklichkeit der Sohn von Michael Knight (David Hasselhoff,
der Knight Rider der 80er-Jahre-Originalserie) ist. Michael möchte,
daß sein Sohn die neueste Inkarnation von K.I.T.T. fährt und mit
seinen neuen Freunden unter dem Banner der Geheimorganisation The
Foundation das Verbrechen bekämpft. Er möchte auch, daß Mike das
Vermächtnis der Knight Industries weiterführt.
"Ich
wurde hereingeholt, um die Serie auf der Basis des Films zu
entwickeln," erklärt Thompson. "Im Endeffekt wollten sie meine Ideen,
und ich erzählte ihnen, was ich vorhatte. Ich habe hierin nie einfach
nur einen weiteren Job gesehen. Ich mag Autos, und ich hatte mir den
Original-Knight-Rider angeschaut. Die Tatsache, daß das Auto
sprechen konnte, war für mich die coolste Sache der Welt. Außerdem:
Mit dem Erfolg von Filmen wie Transformers, Iron Man und The
Incredible Hulk sollte die Serie nicht allzu düster und
nachdenklich, sondern von vorne bis hinten mit Action vollgestopft und
ein Wahnsinnstrip werden."
Nachdem er sich den Fernsehfilm mehrere Male und den Original-Knight-Rider-Pilotfilm
und die erste Season angeschaut hatte, entschloß sich Thompson dazu,
seine Vorgehensweise für die Umgestaltung der Serie auf K.I.T.T. zu
zentrieren. "Der große Unterschied war für mich immer das Auto," sagt
Thompson. "Ich hatte das Gefühl, K.I.T.T. sollte viel mehr zu tun
bekommen als in der Originalserie und dem neuen Film. Er sollte nicht
einfach nur seine Farbe ändern können. Das ist keine große Sache. Und
er sollte auch nicht nur reden können, denn aufgrund dessen, was wir
heutzutage in modernen Autos und GPS-Systemen haben, ist das auch
keine große Sache mehr. Wenn man in Betracht zieht, was das Publikum
heute gewöhnt ist durch Sachen wie Transformers, bin ich der
Überzeugung, daß K.I.T.T. sich transformieren können muß, und wenn er
das tut, muß es etwas atemberaubendes sein - wie der Attack-K.I.T.T.,
den wir erfunden haben. Ich hatte auch das Gefühl, daß die
Kommunikationsgeräte und die Wissenschaft hinter dem Auto im Film
nicht auf dem neuesten Stand waren."
Um den
wissenschaftlichen Aspekt richtig hinzubekommen, arrangierte Thompson
für sich und seine Knight-Rider-Autorenriege eine persönlich
geführte Tour durch das innerste Heiligtum der Microsoft-Labore. Dort
sahen sie Dinge, die - obwohl noch nicht fertiggestellt - die die Art
von Technologie repräsentierten, die in 20 Jahren alltäglich sein wird
- und ideal zum neuentwickelten K.I.T.T. passen.
"Wir
erfanden einen iPhone-Bildschirm, der die komplette Windschutzscheibe
des Autos umfaßt, und Mike kann 3D-Elemente, die auf dem Bildschirm
erscheinen, herausnehmen und überall herumwerfen," bemerkt Thompson.
"Für mich war die große Frage, als es um die Wissenschaft und die
Handlung ging: Warum? Warum eine künstliche Intelligenz? Warum ein
Auto? Wieso der Turbolader-Motor? Warum fährt er 300 Meilen die
Stunde? Und warum jetzt? Das sind die Fragen, die die Autorenriege
gestellt hat, und das sind die Fragen, die wir in der Serie
beantworten werden. Wir entwickeln diese ganze Mythologie, die
erklären wird, warum K.I.T.T. in der Lage ist, diese Dinge zu tun.
Einige Leute werden sagen, wir würden von Transformers und
Comic-Verfilmungen abschauen, aber was wir wirklich tun, ist von
realen Dingen abzuschauen."
Thompson ist besonders stolz auf die mächtige Kulisse, die "die
K.I.T.T.-Höhle" genannt wird, die das Herz und die Seele der Knight
Industries darstellt. "Sie hat alles: eine
Satellitenüberwachungskammer, Chat-Lines…" erzählt er. "Das Auto rast
herein und alle möglichen Sachen passieren. Wir schneiden zurück und
vorwärts und geben dem Publikum die Geschwindigkeit und das Tempo, das
eine Serie wie diese braucht. Wir können nicht tun, was sie vor 25
Jahren in Knight Rider getan haben, wo Michael im Auto sitzt
und 14 Minuten lang mit K.I.T.T. redet. Um das klarzustellen: Es wird
auch diese ruhigen Momente geben, aber in einer Serie wie Knight
Rider muß man sich diese verdienen."
Als
sich Thompson hinsetzte, um die erste Episode zu schreiben, hatte er
bestimmte Dinge im Kopf. "Ich wollte, daß dies eine überaus spannende
'Popcorn'-Serie wird," erklärt er. "Ich wollte ein 'los, los, los!
Action, Action, Action!' vom Beginn bis zum Ende. Was ich überhaupt
nicht wollte, war, daß sie düster und nachdenklich wird. Die
Originalserie war nicht so. Düster und nachdenklich ist, was die neue
Bionic Woman umbrachte. Als ich das Drehbuch schrieb, wußte
ich, daß ich ein Publikum erreichen wollte, das den ganzen Tag damit
verbracht hatte, von seinem Chef in den Arsch getreten zu werden oder
drei Stunden lang im Stau gestanden hatte. Was die Leute wollen, wenn
sie eine Serie wie unsere einschalten, ist unterhalten zu
werden."
Während der Neubearbeitung und Neuerfindung von Knight Rider
mußte sich Thompson auch gewissen Realitäten stellen. Der Sender
wollte die Rückkehr der vier Hauptcharaktere für die Serie. Dann gab
es noch die Sache, daß ein Trio von neuen Nebencharakteren als
Technik-Crew hinzugefügt werden sollte: Zoe, Billy und Torres.
"Wir
haben diese ganze neue Mythologie und Charakterisierung für die Serie
erschaffen, dahingehend, wer der neue Michael ist," erklärt Thompson.
"Einiges davon übernahm ich aus dem Film und einiges aus der
Originalserie. Wir gehen in seinen militärischen Hintergrund und seine
Beziehung zu Sarah. Sobald ich zur Serie kam, traf ich mich mit allen
Schauspielern, und wir redeten darüber, wie wir mit den Charakteren
weitermachen könnten. Ich kann ihre Darstellungen im Film nicht
beurteilen, weil ich nicht dabei war. Ich kann sie nur jetzt
beurteilen. Aber man kann mit Sicherheit behaupten, daß ich ihre
Charaktere so ziemlich in der gleichen Weise verändert habe, wie ich
alles andere an dieser Serie verändert habe. Und ich weiß, daß ich das
immer wiederhole, aber der ursprüngliche Sinn von Knight Rider
war Spaß zu haben. Die Beziehung zwischen Michael Knight und
K.I.T.T. im Original war sehr witzig, und das ist etwas, was wir in
der neuen Serie beibehalten wollen."
Diese
Inkarnation basiert jedoch mehr auf Science Fiction. "Aber sie müssen
sich daran erinnern, daß Knight Rider damals vor über 25 Jahren
auch ziemliche Science Fiction war," entgegnet Thompson. "Da gab es
ein Auto, das reden konnte, ein Turbomotor und künstliche Intelligenz.
Das war Lichtjahre entfernt (von der damaligen Technologie).
Heutzutage sieht es so aus, daß Kids das Original sehen und es keine
große Sache für sie ist. 'Du hast also ein Auto, das K.I.T.T. heißt.
Wir nennen unser GPS-System Susie'."
Knight-Rider-Erfinder Glen Larson wurde für die Serie nicht zu
Rate gezogen, doch Thompson setzte sich mit Hasselhoff zusammen, um
über weitere Auftritte zu diskutieren. "David ist ein Kerl, der
geradeheraus seine Meinung sagt, und er erzählte mir, daß er einige
Probleme mit dem Film gehabt hatte," sagt er. "Ich sagte ihm, daß ich
nichts damit zu tun gehabt hatte und erklärte ihm meinen Standpunkt
bezüglich der Serie. Wir haben mit einigen Ideen für eine mögliche
Story gespielt, in dem es um seinen Charakter geht, aber bisher ist
nichts in Stein gemeißelt. Ich weiß, daß er nicht nur an einem
Kurzauftritt interessiert ist. Ich denke, es wäre großartig, eine
Episode oder sogar einen Handlungsbogen um Michael Knight zu machen.
Können sie sich vorstellen, wie cool es wäre, den neuen und den alten
K.I.T.T. Seite an Seite zu sehen?"
Thompson möchte die Story nicht verraten, aber er erzählt ein paar
Dinge über die ersten drei Episoden. "Die erste legt fest, um was es
in der Serie geht," kommentiert er. "Mike und Sarah sind auf einer
Mission, und etwas geht schief. Sie verlieren ein Paket mit wichtigen
Akten und sie versuchen, es zurückzuholen. Ein wenig von Mikes
Vergangenheit wird gelüftet, und die allgemeine Mythologie erhält
ihren Anfang. In der zweiten droht ein Nano-Virus ins Internet zu
gelangen und die Welt zu zerstören. Und die dritte ist eine Homage an
The Fast And The Furious, in der Mike verdeckt in einer
Auto-Gang ermittelt, die Komponenten von illegalen
Verteidigungsprogrammen transportiert."
Knight Rider ist nicht die einzige alte Universal-TV-Serie, die
kürzlich wiederbelebt wurde. Thompson teilt uns seine Ansichten über
einige andere mit. "Ich liebe den neuen Battlestar Galactica!"
ruft er aus. "Ich war ein Riesen-Fan des Originals, und das Remake ist
brilliant. Aber man muß daran denken, daß die Serie speziell auf das
Science-Fiction-Publikum ausgerichtet ist, und weil sie auf dem
SCI-FI-Channel läuft, muß sie nicht die Massen anziehen, die sie als
Serie auf einem normalen Sender bräuchte.
"Auf
SCI FI wird Battlestar Galactica mit einer Million Zuschauer
schon als Erfolg angesehen. Aber wenn Battlestar Galactica
diese Zahlen bei einem normalen Sender hätte, wäre es schon vor langer
Zeit abgesetzt worden. Und bei Bionic Woman ist es genauso.
Wenn diese Serie auf dem SCI-FI-Channel gelaufen wäre, gäbe es sie
wohl immernoch. Unter'm Strich läuft alles darauf hinaus, daß die
originale Bionic Woman Spaß gemacht hat und das Remake
größtenteils ziemlich düsteres Material war."
Thompsons oft übersehenes SF-Werk ist das Drehbuch für Split Second.
"Ich glaube, Split Second ist ein wenig sowas wie ein
Kultobjekt geworden," beobachtet er. "Mein ursprüngliches Drehbuch
sollte in den Vereinigten Staaten spielen, aber am Ende drehten sie in
London. Wie auch immer, eines Tages bekam ich diesen verzweifelten
Telefonanruf, und ich mußte alles fallen lassen und nach London
fliegen, weil die Filmgesellschaft meine Hilfe brauchte. Als ich aufs
Set ging, kamen Leute zu mir und fragten, 'Hast du das Monster
gesehen?' Ich sagte, 'Welches Monster? Es gibt kein Monster im
Drehbuch.' Nun, irgendwer hatte irgendwann ein Monster
eingefügt und sich nicht die Mühe gemacht, mich das wissen zu lassen."
Auf
seiner Besessenheit mit Autos beruht auch The Fast And The Furious.
Thompson schrieb das Drehbuch für den ersten Film und erfand die Story
für die Fortsetzung. Zur Zeit hat er nichts mit der Reihe zu tun,
deren vierter Teil gerade abgedreht wurde.
Seine
Arbeit beim TV reicht Thompson im Moment voll aus. Dennoch die Arbeit
als Showrunner und eine Serie wie Knight Rider ständig am
Laufen zu halten, keine leichte Aufgabe. "Hey, was kann ich dazu
sagen? Eine neue Serie zu starten, ist eine undankbare Aufgabe," lacht
Thompson. "Es sind immer 24-Stunden-Tage. Aber ich bin gerne beim TV.
Ich bin ein TV-Süchtiger. Bei einem Film muß man sich nicht durch so
viele Dinge hindurchkämpfen.
"Unter'm Strich steht und fällt eine Serie wie Knight Rider mit
dir und deiner Autorenriege. Mein Gefühl ist, wenn diese Serie in
Flammen aufgeht, dann akzeptiere ich das. Man hat das Publikum,
Studios, Sender und Kritiker, die alles mögliche sagen, und wenn man
versucht, es jedem recht zu machen, wird es am Ende ein einziges
Chaos. Ich habe eine bestimmte Sichtweise, und ich glaube an sie. Ich
wüßte nicht, wie ich diese Serie sonstwie machen sollte. Ich liebe
Autos, und ich liebe Knight Rider. Ich mache die Serie so, wie
ich sie selbst gerne sehen würde.
"Im
Prinzip bedeutet dies unter'm Strich: 'Geh zurück oder geh nach
Hause,' grinst Gary Scott Thompson. "Und ich plane nicht, so schnell
nach Hause zu gehen!"
Interview:
Marc Shapiro, Starlog # 370
(Übersetzung: AD) |